Werbung in der Nachhaltigkeit und die Rolle der Fotografie

Die „böse“ Werbung

Kapitalismus

Werbung dient dem Zweck, Konsumenten:innen Produkte oder Dienstleistungen schmackhaft zu machen. Sie weckt ein Bedürfnis in den Konsumenten:innen, welches sie dazu bewegt das Produkt zu kaufen oder die Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Stetig kaufende Konsumenten:innen halten die Wirtschaft am laufen. Somit ist diese daran interessiert, immerzu neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen, ohne Rücksichtnahme auf die ökologischen Folgen.

Manipulation durch Werbung

Werden wir durch Werbung manipuliert? Manipulation ist ein bewusstes Beeinflussen. Werbung kann die Konsumenten:innen also nicht nur bewusst negativ manipulieren, sondern ebenso bewusst positiv. Manipulation an sich ist also weder gut noch böse, die Intention dahinter ist entscheidend. Es kommt ganz darauf an, wie weit Unternehmen gehen möchten, um ihre Produkte / Dienstleistungen zu verkaufen. Ein leider bewährtes Mittel ist die FOMO („fear of missing out“), die mit der Angst der möglichen Interessent:innen, etwas zu verpassen, spielt. Wie beispielsweise eine der letzten großen Apple-Watch-Kampagne, die der Welt klar mitteilte, dass man beim Fahrradfahren ohne Apple Watch sterben könnte, da diese im Falle eines Unfalls ein Notruf rausschickt. Sollen Konsumenten:innen lediglich darauf aufmerksam gemacht werden, dass dieses Produkt / diese Dienstleistung sie bereichern würde und sie dazu bewegen etwas zu kaufen, was sie ohne das Ansehen der Werbung selbst nicht gekauft hätten? Oder beabsichtigt das Unternehmen die Konsumenten:innen etwas glauben zu lassen was nicht der Wahrheit entspricht, zum Beispiel, dass das Produkt nachhaltig produziert wurde? Wenn dies der Fall ist, spricht man von Greenwashing.

Werbung in der Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Werbung, wie passt das nun zusammen? Klar, man muss wohl kein schlechtes Gewissen haben, wenn man mit guten Mitteln etwas Gutes wirbt. Dazu später mehr. Wie sieht es denn mit Greenwashing aus?

Eine stark tätowierte Person hat die linke Hand in der beigen Chino und trägt im Fokus eine schöne Holzuhr von Kerbholz aus Köln
Werbefotografie nachhaltige Holzuhr aus Köln

Wie erkennt man Greenwashing?

Viele Unternehmen betreiben heutzutage Greenwashing. Doch was genau bedeutet das? In Zeiten, in denen die Nachhaltigkeit gesellschaftlich immer mehr in den Vordergrund rückt und Konsumenten:innen hinterfragen zu welchen Bedingungen oder aus welchen Materialien die Produkte hergestellt wurden, springen mittlerweile auch die Unternehmen auf den Zug der Nachhaltigkeit auf. Wörter wie „recycelt“, „sustainable“ oder „organic“ schmücken die Produkte und erwecken bei Konsumenten:innen den Anschein eines umweltbewussten Image. Doch meist wird seitens der Unternehmen wenig Wert auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit gelegt, stattdessen bleibt es bei grünen Farben und Naturbildern zu Marketingzwecken. Wie man Greenwashing erkennt ist auf den ersten Blick oft gar nicht so einfach. Doch es gibt ein paar Aspekte, an denen man Greenwashing aufdecken kann:

  • Wie vertrauenswürdig ist das Unternehmen? Große Konzerne mit Produktionsstätten in Entwicklungsländern, vielen Kollektionen im Jahr oder günstigen Preisen sind Indikatoren für Greenwashing. Vielleicht stand das Unternehmen bereits in der Kritik für schlechte Arbeitsbedingungen oder die Qualität der Ware ist darauf ausgelegt, dass das Produkt nicht von langer Dauer ist. Hier lohnt sich eine unternehmensunabhängige Recherche, denn die Unternehmen selbst würden so etwas auf ihrer Website selbstverständlich nicht preisgeben.
  • Folgen auf Worte auch Taten? Das ist die größte Problematik am Greenwashing, denn ein Unternehmen kann vieles behaupten. Im Fall von Greenwashing betreibenden Unternehmen sind dies jedoch nur leere Versprechen. Hier muss wirklich genau hingeschaut werden, ob diese Worte auch in die Tat umgesetzt werden. Ein längerer Blick auf die Website hilft.
  • Wie transparent ist der Websiteauftritt des Unternehmens? Gibt es eine Rubrik zum Thema Nachhaltigkeit mit einer detaillierten Erläuterung der „grünen“ Vorhaben? Werden verwendete Materialien/Textilien aufgeschlüsselt, werden Produktions- und Arbeitsbedingungen verschriftlicht? Wie steht es um Verpackungsmaterialien? Wie viel Müll wird produziert und ist etwas wirklich recyclebar/biologisch abbaubar? Setzt sich das Unternehmen zweifelsfrei für Hilfsprojekte ein oder spendet Geld an Umweltorganisationen?
  • Weist das Unternehmen Zertifikate und Siegel auf? Wenn ja, sollte auch hier genauer hingesehen werden, denn viele Siegel sind nicht aussagekräftig, sondern schlimmstenfalls selbst erstellt. Siegel wie „der Blaue Engel“, „GOTS“ oder „der grüne Knopf“ sind etablierte Siegel, die für eine unabhängige Prüfung stehen. Hier kommt ihr zu einer Übersicht, die euch hilft, im Siegel-Chaos den Überblick zu behalten: https://utopia.de/siegel-guide/
  • Gibt es nur eine nachhaltige Produktlinie, die weniger als 1% des Umsatzes ausmacht? Jeder kennt wahrscheinlich die Conscious Kollektion bei H&M. Genau das soll dem Käufer ein gutes Gefühl vermitteln und der Marke ein besseres Image bringen, sprich grün waschen. Sie ist aber weiterhin Fast-Fashion. Die Kollektion ist ja vielleicht ganz nett, aber ein Umschwung Richtung 100% Conscious wäre mal eine Ansage.
  • Irreführende Begriffe oder einfach das Image einer Firma sind auch oft Teile einer Greenwashing-Kampagne. So sind bspw. „handmade fresh cosmetics“ von Lush alles andere als Naturkosmetik. Da helfen auch die Papiertütchen anstatt Plastikverpackung nichts, wenn in den Produkten selbst zu viel Plastik ist.

Ist Werbung moralisch vertretbar, wenn sie einem guten Zweck dient?

Werbung ist nicht daran Schuld, dass ein neues Produkt auf den Markt kommt. Die Innovation und Produktion der Menschen sorgt für immer neue Produkte, Werbung dient lediglich als Instrument, diese zu vertreiben. Sie ist ein Tool der Kommunikationspolitik, die wiederum ein Bestandteil des Marketing-Mix ist. Nehmen wir an, ein Unternehmen ist aufrichtig und darin bestrebt, einem guten Zweck zu dienen. Wäre es moralisch verwerflich, wenn dieses Unternehmen Werbung für sein Vorhaben machen würde? Wohl kaum. Werbung kann zwar für schlechte Zwecke missbraucht werden, doch sie ist nicht per se negativ. Sie ist lediglich die Möglichkeit etwas zu verbreiten und Menschen mit einer Botschaft zu erreichen. Damit dies gelingt, sollte Werbung gut gestaltet sein.

Performance Marketing Probefahrt Solarauto
Werbebild für die Probefahrt mit dem Solarauto Sion

Wie gestaltet man gute Werbung?

Zuallererst muss man sich seiner Zielgruppe bewusst sein und diese analysieren, denn davon ausgehend wird Werbung gestaltet. Kunden:innen müssen die Werbung schließlich verstehen, sonst kommt sie nicht bei ihnen an.

Des Weiteren sollte ein Anreiz geschaffen werden das Produkt / die Dienstleistung zu erwerben. Kunden:innen sollten erfahren, was das Produkt / die Dienstleistung von anderen unterscheidet. Dafür sollten USP’s kenntlich gemacht werden. Die Werbung sollte das Produkt / die Dienstleistung attraktiv machen. Dies geschieht durch Positivität und/oder Humor.

Werbung wirkt am besten, wenn sie kurz und aussagekräftig gestaltet ist. Die Frage sollte nicht sein „Was kann ich noch dazu packen?“, sondern eher „Was kann ich weglassen?“. Ein Werbeplakat zum Beispiel muss darauf ausgelegt sein, dass es auch für Menschen verständlich ist, die nur kurz mit der Bahn daran vorbeifahren. Es ist also sinnvoll, ausreichend Informationen möglichst komprimiert darzustellen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die große Plakatkampagne von Patagonia, worauf eine Recyclingjacke zu sehen ist mit der klaren Message, dass man keine neue Jacke kaufen soll, wenn man bereits eine funktionierende hat. Als Alternative kann man natürlich diese recycelte Jacke kaufen. Die Kampagne ging auf und ging durch die Decke.

Konsument:innen erreicht man am ehesten mit Emotionen. Werbung sollte daher nicht trocken oder rein sachlich gestaltet sein, sondern Emotionen wecken. Außerdem ist es wichtig, dass sich auch marginalisierte Personengruppen angesprochen fühlen. Gendern in Werbetexten oder das Vermeiden von Klischees sind eine Form der Sensibilität und Integration und daher nicht zu unterschätzen.

Werbung nachhaltiges Kinderbuch
Werbung eines nachhaltigen Kinderbuchs

Nachhaltige Werbefotografie

Wie lässt sich nun das Thema Nachhaltigkeit auf die Werbefotografie anwenden? Es gibt einige Aspekte, mit denen man diese Dienstleistung umweltfreundlicher machen kann.

Werbung Korktasche aus Köln
Werbung Korktasche aus Köln

Nachhaltige Fotoproduktion

Naheliegend ist, das Equipment und die Requisiten so nachhaltig wie möglich zu machen. Vielleicht ist an dieser Stelle Leihen eine Option, anstatt sich alles selbst anzuschaffen. Wenn man nachhaltig denkt, ist die beste Lösung, möglichst viel zu Vermeiden. „Buy less, use less“ lautet das Motto.

Falls in Einzelfällen doch nicht auf ein Anschaffen verzichtet werden kann, greift die nächstbeste Lösung: Reuse. Bevor man etwas wegwirft, sollte man sich immer fragen „Kann ich das in einem anderen Zusammenhang nochmal gebrauchen?“.

Das Wiederverwenden von z.B. Plastiktüten oder generell Hintergrundpapier, Setdesigns kann eine große Auswirkung auf die Umwelt haben. So habe ich alte Papierreste für diese Werbung wiederverwendet, die ich sonst hätte wegwerfen müssen, da sie von der anderen Seite Schuhabdrücke hatte.

Werbefotografie mit recyceltem Hintergrundpapier Fair Fashion
Werbefotografie mit recyceltem Hintergrundpapier

Eine weitere Möglichkeit die Werbefotografie nachhaltiger zu gestalten ist die Reduktion von CO2. Wichtige Punkte hierbei sind die Mobilität, das Hosting, die Größe der Webseite und der Strom im Office sowie im Studio. Das alles sollte natürlich möglichst nachhaltig sein, wie nachhaltiges Hosting und Grünstrom. Ein weiterer Aspekt sind Ethik und Fairness, die insbesondere beim fairen Banking, beim Gleichstellungsprinzip sowie beim Spenden zum Tragen kommen. Ich lasse bspw. pro Auftrag 100 Bäume von einem sozialem Projekt pflanzen, wovon die Menschen sowohl als auch das Weltklima profitiert.

Der Bildinhalt

Natürlich sind die verwendeten Materialien nicht das einzige, was nachhaltig gedacht werden kann. Auch das Fotomotiv kann nachhaltig sein. Was auf dem Foto abgebildet wird spielt eine wichtige Rolle, sei es ein Naturkosmetikprodukt oder die Gründerin einer nachhaltigen Geschäftsidee. Das Entscheiden eines Fotografen oder einer Fotografin seine/ihre Dienstleistung nicht für solche Unternehmen anzubieten, die Greenwashing betreiben oder im Allgemeinen keinen Wert auf ökologische Nachhaltigkeit legen, sondern ausschließlich nachhaltige Unternehmen zu bedienen, ist ein wichtiger Schritt, um Fotografie nachhaltiger zu gestalten.


Model präsentiert ein Tiny House auf der Fair Friends
Ein Model präsentiert ein Tiny House auf der Fair Friends Messe

Positive Bildsprache vs. schlechtes Vorbild

Zeitlose Bilder sind nachhaltiger, da sie länger verwendbar sind. Hierfür kann darauf geachtet werden, die Fotos helle und freundlich zu gestalten. Außerdem lässt sich eine nachhaltige Bildsprache erzielen, indem im Vorhinein ein Konzept erstellt wird, der den Markenkern eines Unternehmens hervorhebt. Somit wird garantiert, dass man lange etwas von den Bildern hat. Man kann natürlich auch alles schlechte der Welt bebildern und für sein Marketing nutzen. Leider vermehren sich schlechte News auch bis zu acht mal schneller als gute News, was psychologisch gesehen leider in der Natur des Menschen liegt. Dennoch kann man wunderbar mit positiven Emotionen und dem guten Willen werben und benötigt nicht zwangsweise FOMO und die Zuckerpeitsche. Es gibt mittlerweile auch das Gegenteil von FOMO, und zwar JOMO („joy of missing out“), wobei Menschen froh sind, unwichtige Sachen zu verpassen.

Fazit

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Werbung nicht immer böse ist und man es meiner Meinung nach für gute Zwecke nutzen sollte. Natürlich sollte man auf moralischen Gründen nicht mit der Angst von Menschen spielen, um Produkte besser zu verkaufen. JOMO finde ich auch super, genau der richtige Trend, um es etwas ruhiger angehen zu lassen. Letzten Endes ist Werbung auch immer vom Empfänger abhängig und da darf sich gerne jeder an die eigene Nase fassen.

Ich selbst habe ein sehr gutes Gewissen mit der Arbeit, die ich als nachhaltiger Werbefotograf verrichte. Ich arbeite überwiegend für sehr coole, positive und eben nachhaltige Unternehmen, für Sozialunternehmen oder NGOs. Gerade hier ist es wichtig, durch eine starke und einheitliche Bildsprache mehr Vertrauen bei möglichen Kund:innen und Unterstützer:innen zu erlangen. Ich freue mich natürlich immer über neue Anfragen und helfe dir gerne mit coolen Bildern eine bessere Welt zu gestalten.

Quellenangaben

  1. https://www.heise.de/tp/features/Kann-Werbung-wirklich-Beduerfnisse- erzeugen-die-es-vorher-gar-nicht-gab-4074398.html 
  2. Podcast „Positionierung statt Wettbewerb: Manipulation: Ist Werbung böse?“ 
  3. Knoche, M. (2005). Werbung–ein notwendiges “Lebenselixier” für den Kapitalismus: Zur Kritik der politischen Ökonomie der Werbung. Alte Medien– neue Medien, 239-255.
  4. https://cradle-mag.de/artikel/was-ist-greenwashing.html
  5. https://www.gruenderservice.at/site/gruenderservice/planung/ Kommunikationspolitik.html
  6. https://cebus.net/kde/die-perfekte-werbebotschaft-7-tipps-fuer-werbung-die- wirkt_10061.htm 
  7. https://www.wirtschaftswissen.de/marketing-vertrieb/werbung/werbetexten/ erfolgreiche-werbeanzeigen-gestalten-diese-10-grundregeln-helfen-ihnen- dabei/
  8. https://utopia.de/ratgeber/greenwashing-kosmetikmarken-naturnah-oder-naturkosmetik-test/